Die ungarische Regierung hat ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum 2025 massiv gesenkt: Statt der bisher erwarteten 2,5% rechnet Wirtschaftsminister Márton Nagy nun nur noch mit einem Zuwachs von 1%.

Gleichzeitig wurde die Inflationsprognose leicht von 4,5% auf 4,7% angehoben. Die Korrektur erfolgte am 29. Juli – einen Tag vor Veröffentlichung der BIP-Daten für das zweite Quartal – und sendet laut dem Finanzportal Portfolio.hu trotz der negativen Zahlen ein Signal der Ehrlichkeit und Realitätsnähe an die Märkte. Ursprünglich war im November 2024 noch ein Zielwert von 3,4% im Haushaltsplan verankert worden, der im März bereits auf 2,5% reduziert wurde.

Analysten erwarten, dass das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal stagnierte, nachdem es im ersten Quartal um 0,2% geschrumpft war. Schwache Industrieproduktion und eine kriselnde Landwirtschaft belasteten die Konjunktur, während Bauwirtschaft und Dienstleistungen leichte Gegenimpulse setzten. Die Konsensprognosen für 2025 liegen inzwischen bei nur noch 0,7%, manche Experten sehen das Wachstum sogar bei lediglich 0,5%.

Industrie unter Druck, Ausblick weiter eingetrübt

Die ungarische Wirtschaft, stark abhängig von der Automobil- und Fertigungsindustrie, kämpft mit zahlreichen Belastungsfaktoren: Der weltweite Halbleitermangel beeinträchtigte die Autoproduktion, der Umstieg auf Elektromobilität stellt strukturelle Herausforderungen dar, und die Energiekrise hat Wettbewerbsdefizite offengelegt. Hinzu kommen ein Investitionseinbruch, steigende Staatsausgaben für Schuldendienst und Soziales sowie eine durch Trockenheit geplagte Landwirtschaft.

Laut Peter Virovacz (ING Bank) leidet das verarbeitende Gewerbe weiterhin unter schwacher Auslandsnachfrage, hohen Lagerbeständen und dünnen Auftragsbüchern. EU-Mittel bleiben blockiert, und anhaltender Inflationsdruck engt die fiskalischen Spielräume ein. Wirtschaftsminister Nagy erwartet erst in der zweiten Jahreshälfte 2025 eine Erholung, mit einem möglichen Aufschwung auf 4% BIP-Wachstum frühestens im zweiten Quartal 2026.

Trotz des trüben Ausblicks versichert die Regierung, dass die Steuereinnahmen stabil bleiben und die Defizitziele erreichbar sind. Für Juli wird ein Rückgang der Inflation auf 4% erwartet, während Rentner mit einem zusätzlichen Aufschlag von 1,5% auf ihre Bezüge rechnen können. Neue Programme zur Wohnungsförderung und Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen sollen die Konjunktur ab Herbst stützen – Beobachter rechnen jedoch mit weiteren populistischen Maßnahmen vor den Wahlen 2026.

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