In den endlosen Steppen Kasachstans, wo seit Jahrhunderten Reiter ihre Herden über das Grasland treiben, hält eine stille digitale Revolution Einzug. Immer mehr Landwirte überwachen ihre Tiere per künstlicher Intelligenz, Kameradrohnen – und sogar mit Starlink-Terminals, die sie an Geländewagen, Pferden und Hütehunden befestigen.
Der stellvertretende Außenminister Alibek Kuantyrov schilderte auf einer Pressekonferenz in Astana, wie tiefgreifend sich der Arbeitsalltag der Hirten verändert. Auf dem neuntgrößten Staatsgebiet der Erde setzen Bauern zunehmend Technologien ein, die einst nur in Städten denkbar waren.
„In Kasachstan gibt es mittlerweile große Weideflächen, die mit KI-Technologien und Drohnen bewirtschaftet werden“, sagte Kuantyrov am 30. Oktober. „Starlink-Antennen sind an Fahrzeugen, Pferden und teilweise sogar an Hunden befestigt. Die Überwachung erfolgt über Bildschirme – physische Präsenz ist kaum noch notwendig.“
Starlink startet offiziell 2025
Der technologische Umbruch fällt zusammen mit dem Ausbau des Satelliteninternets von Elon Musks SpaceX. Starlink soll ab dem dritten Quartal 2025 vollständig in Kasachstan operieren. Regierung und Unternehmen einigten sich auf den legalen Import und Betrieb der Terminals; bisher war deren Nutzung weitgehend auf ein Schulprojekt beschränkt.
Digitalminister Jaslan Madiev erklärte im Juni: „Starlink war bisher nicht öffentlich zugänglich. Nun verpflichtet sich das Unternehmen, unsere Informationssicherheitsgesetze einzuhalten.“
Präsident Tokajew will ländliche Regionen vernetzen
Die Kooperation ist Teil des Regierungsprogramms „Barrierefreies Internet“. Ziel ist es, die digitale Kluft zwischen Stadt und Land zu schließen. Die Satelliten in 550 Kilometern Höhe ermöglichen eine Abdeckung selbst in abgelegenen Regionen – also auch dort, wo Hirten noch immer tagelang unterwegs sind.
Bereits 2023 knüpfte Kasachstan die ersten Verbindungen zu Starlink. Rund 2.000 ländliche Schulen sollten angeschlossen werden, wovon bis Mitte 2024 etwa 1.800 Internetzugang erhielten.
Ende 2023 hatte die Regierung kurzzeitig erwogen, aus dem Ausland betriebene Satelliteninternetdienste zu verbieten – aus Sorge vor Sicherheitsrisiken. Nach deutlicher Kritik aus der Bevölkerung wurde der Vorschlag jedoch fallen gelassen.
Wachsende Konkurrenz im Orbit
Der Markt für Satelliteninternet wird gleichzeitig kompetitiver. Im September 2024 unterzeichnete Kasachstan ein Abkommen mit Amazon, um dessen Projekt Kuiper einzuführen – ein direkter Konkurrent zu Starlink. Premierminister Olzhas Bektenov erhofft sich dadurch niedrigere Preise und bessere Dienste.
Auch das chinesische Unternehmen Spacesail Kazakhstan hat sich im Astana International Financial Centre registriert und positioniert sich als dritter möglicher Anbieter.
Kasachstan plant 14.000 KI-Spezialisten
Die Digitalisierung der Landwirtschaft ist Teil einer umfassenden KI-Strategie des Landes. Laut dem Innovationszentrum Astana Hub sollen bis 2029 rund 14.000 KI-Fachkräfte ausgebildet werden. Künstliche Intelligenz kommt bereits bei großen Staatsunternehmen wie KazakhInvest und der Eisenbahngesellschaft KTZ zum Einsatz.
Kuantyrov zeigte sich überzeugt, dass KI für Kasachstan eine ähnlich transformative Wirkung haben könnte wie die Industrielle Revolution im Großbritannien des 19. Jahrhunderts.
Von nomadischen Reitern zu satellitenvernetzten Hirten: In der kasachischen Steppe trifft jahrhundertealte Tradition auf hochmoderne Technologie – und das digitale Zeitalter macht selbst vor der entlegensten Jurte nicht halt.
Dieser Artikel entstand in Kooperation mit unserem Partner bne intelliNews

