Die Türkei hat für November eine offizielle monatliche Inflationsrate von 0,87 Prozent gemeldet – ein Wert, der selbst innerhalb der stark umstrittenen türkischen Statistikreihe überrascht. Laut dem Statistikinstitut TÜİK sank die jährliche Teuerungsrate damit auf 31,07 Prozent nach 32,87 Prozent im Oktober.

Zwischen Juli und Oktober hatte sich die offizielle Inflationsrate bei rund 33 Prozent gehalten; zum Jahresende 2024 lag sie bei 44 Prozent. Doch Ökonomen warnen seit Jahren davor, auf Basis der TÜİK-Zahlen strategische Entscheidungen zu treffen. Die Zweifel an der Zuverlässigkeit der Daten sind inzwischen weit verbreitet.

Grafik : Es ist davon auszugehen, dass die Türkei die Zahl für Ende 2025 nicht unter 30 % halten wird.

Mit einer offiziellen Teuerung von 31 Prozent rutscht die Türkei im internationalen Vergleich hinter Argentinien und Haiti zurück. Haiti meldete zuletzt (für September) 31,9 Prozent, Argentinien lag im Oktober bei 31,3 Prozent. Sobald die ausstehenden Novemberzahlen dieser Länder veröffentlicht werden, könnte die Türkei sogar weiter zurückfallen.

Monatlicher Dämpfer

Die Monatsrate der Inflation fiel mit 0,87 Prozent ungewöhnlich niedrig aus – nach Werten von 2,55 Prozent im Oktober, 3,23 Prozent im September und konstant über zwei Prozent im Sommer. Dennoch verfehlt die türkische Zentralbank ihre eigenen Ziele deutlich. Sie hatte erwartet, dass die saisonbereinigten Monatsraten ab dem dritten Quartal 2025 unter 1,5 Prozent sinken und das Jahr bei knapp über einem Prozent schließen würden.

TÜİK veröffentlichte jedoch für das dritte Quartal 2025 einen saisonbereinigten Schnitt von 2,62 Prozent; der Oktober lag bei 2,07 Prozent. Die nun gemeldeten Novemberzahlen unterbieten zwar den Zielwert – doch die Glaubwürdigkeit der Behörde bleibt brüchig.

Ausblick: Inflationsprognosen weiter hoch

Finanzminister Mehmet Simsek kündigte auf X an, auch für Dezember sei mit einer „moderaten“ Rate zu rechnen. Würde TÜİK für Dezember sogar nur 0,02 Prozent melden, läge die Jahresinflation Ende 2025 dennoch bei etwa 30 Prozent.

Tweet von Mahfi Egilmez (@mahfiegilmez), einem ehemaligen Leiter des türkischen Finanzministeriums.

Die Zentralbank hatte ihre Inflationsprognose für Ende 2025 jüngst von 25–29 Prozent auf 31–33 Prozent angehoben. Zum Januar 2026 will TÜİK das Basisjahr des Verbraucherpreisindex von 2003 auf 2025 umstellen – eine Revision, die den statistischen Umgang mit Inflationsraten über 30 Prozent voraussichtlich „entschärfen“ wird.

Für Ende 2026 rechnet die Zentralbank weiterhin mit 13–19 Prozent Inflation; ein späterer Anstieg gilt jedoch als wahrscheinlich. Aktuell erwarten Ökonomen eher Werte über 20 Prozent.

Letzte Zinssenkung des Jahres steht bevor

Der geldpolitische Ausschuss der Zentralbank hatte am 23. Oktober den Leitzins um 100 Basispunkte auf 39,5 Prozent gesenkt. Am 11. Dezember folgt die letzte Sitzung des Jahres – eine weitere Zinssenkung gilt als sicher. Wie stark sie ausfällt, ist offen. Nach Veröffentlichung der Novemberzahlen dürfte der Markt eher 150–200 Basispunkte erwarten; eine Senkung um bis zu 300 Basispunkte wäre angesichts der Lage nicht überraschend.

Parallel bleiben die Finanzmärkte bemerkenswert stabil: Das Währungspaar USD/TRY zeigt wenig Bewegung, die Nachfrage nach Eurobonds türkischer Emittenten bleibt hoch, und die fünfjährigen Credit Default Swaps sind unter 250 Basispunkte gefallen. Im Kreditsektor zeigen sich weiterhin hohe Refinanzierungsraten bei vergleichsweise niedrigen Kosten.

Politisch hat sich der Druck zuletzt etwas gelockert. Nachdem ein Gericht am 24. Oktober eine Klage gegen die Zentrale der größten Oppositionspartei CHP fallen ließ, hellte sich die Stimmung in der Finanzbranche spürbar auf.


Dieser Artikel entstand in Kooperation mit unserem Partner bne intelliNews

Related Post