Autor: Ben Aris, Chefredakteur bne Intellinews


Die BRICS-Staaten treiben ihre Suche nach einer Alternative zum US-Dollar voran. Nun hat das Institut für Wirtschaftsstrategien der Russischen Akademie der Wissenschaften (IRIAS) einen funktionierenden Prototyp einer goldgedeckten Handelswährung präsentiert. Die „Unit“ soll Perspektiven eröffnen, den Dollar im internationalen Austausch schrittweise zu umgehen, wie das Institut am 4. Dezember erklärte.

Die Unit ist ein digitales Handelsinstrument, dessen Wert sich aus einem Währungskorb speist: 40 Prozent physisches Gold, 60 Prozent BRICS-Landeswährungen – Real, Yuan, Rupie, Rubel und Rand, jeweils gleich gewichtet. Zum Start gab IRIAS am 31. Oktober 100 Units aus, die zunächst einem Gramm Gold entsprachen.

Wachsende Unzufriedenheit mit der Dollar-Dominanz

Der Schritt fällt in eine Phase wachsender Unzufriedenheit im Globalen Süden. Schon länger kritisieren Schwellenländer die Dominanz des Dollars, der Washington erhebliche geopolitische Macht verleiht. Spätestens die rasche Abkopplung Russlands vom SWIFT-System nach dem Angriff auf die Ukraine 2022 machte vielen Staaten deutlich, wie verwundbar sie im dollarzentrierten Finanzgefüge sind.

Seitdem suchen zahlreiche Länder nach Alternativen. Russland und China wickeln ihren bilateralen Handel inzwischen fast vollständig in Rubel und Yuan ab. Auch Indien und China sind auf nationale Währungen umgestiegen. In der Eurasischen Wirtschaftsunion erfolgt der Großteil der Transaktionen mittlerweile in den jeweiligen Landeswährungen. Dennoch bleiben Ungleichgewichte – etwa Indiens Handelsdefizit von rund 60 Milliarden Dollar gegenüber Russland, verursacht vor allem durch Ölimporte.

Ein Prototyp mit geopolitischer Signalwirkung

Parallel prüfen die BRICS-Staaten digitale Lösungen. Bereits im vergangenen Jahr stellten sie auf dem Kasan-Gipfel „BRICS Pay“ vor, ein System, das auf digitalen Versionen nationaler Währungen basiert. Russland hatte seinen digitalen Rubel zuvor im heimischen Bankensystem getestet. Die nun vorgestellte „Unit“ ist der erste funktionsfähige Prototyp einer goldgedeckten, multilateralen Handelswährung.

Offizielle Politik ist das Projekt noch nicht – doch seine Signalwirkung ist erheblich. Die goldreferenzierte Unit gilt vielen Beobachtern als weiterer konkreter Schritt in Richtung Entdollarisierung und als potenzieller Treiber langfristig steigender Goldnachfrage. Ihr Wert passt sich täglich den Schwankungen des Währungskorbs gegenüber Gold an; am 4. Dezember entsprach eine Unit 0,9823 Gramm Gold.

Noch befindet sich das Instrument in einer begrenzten Testphase. Dennoch wird es von Zentralbanken und Regierungsstellen im Globalen Süden aufmerksam verfolgt, ebenso von mehreren afrikanischen Staaten. Die Initiative soll ermöglichen, Handelsgeschäfte ohne Dollar abzuwickeln – und zugleich Goldreserven im eigenen Land zu halten. Viele Schwellenländer haben ihre Bestände in den vergangenen Jahren stark ausgeweitet; eine digitalisierte, goldgedeckte Handelswährung könnte den Markt liquider und den Austausch einfacher machen.

Offiziell vom BRICS-Block verabschiedet ist das Projekt bislang nicht. Doch dass einzelne Mitgliedstaaten den Versuch entschlossen vorantreiben, zeigt, wie ernst die Suche nach Alternativen zur US-zentrierten Finanzordnung geworden ist.


Dieser Artikel entstand in Kooperation mit unserem Partner bne intelliNews

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