Steppe Ahead Kolumne von Thorsten Gutmann

Autor: Thorsten Gutmann

Thorsten Gutmann Zentralasien

US-Präsident Donald Trump bestraft derzeit viele Länder mit Zöllen. Doch ein Blick nach Zentralasien offenbart Außergewöhnliches: Kasachstan wird als einziges Land der Region mit einem Importzoll von 25 Prozent belegt – deutlich mehr als seine Nachbarn Usbekistan, Kirgisistan, Tadschikistan und Turkmenistan, die nur 10 Prozent zahlen. Damit nehmen die USA nicht nur ihren größten Handelspartner in Zentralasien ins Visier, sondern auch das wichtigste Transitland zwischen China, Russland und Europa.

Geopolitik statt Handelspolitik

Offiziell begründet Washington die höheren Zölle mit handels- und wettbewerbspolitischen Erwägungen. Inoffiziell aber steckt eine strategische Absicht dahinter: Kasachstan ist Drehscheibe für fast die Hälfte des China-Handels in Zentralasien, exportierte 2024 in Rekordhöhe nach Peking und ist eng in chinesische Infrastruktur- und Rohstoffprojekte eingebunden. Mit 9,3 Milliarden US-Dollar Schulden bei China und den größten bekannten Vorkommen seltener Erden in der Region steht das Land im Zentrum des Rohstoffwettbewerbs zwischen Ost und West.

Aus Sicht der USA ist es logisch, Druck auf Astana auszuüben, um die enge Anbindung an Peking und Moskau zu lockern. Doch Washington könnte dabei seine eigene Hebelwirkung überschätzen: Der US-Markt spielt für Kasachstan im Vergleich zu Russland, China oder der EU nur eine Nebenrolle. Politisch wie wirtschaftlich sind es vor allem Moskau und Peking, die den Rahmen vorgeben – und deren Einfluss durch amerikanische Strafzölle kaum geschwächt werden dürfte.

Wie die Analyse der US-Zeitschrift The National Interest zeigt, versucht China seinerseits, seine Position weiter auszubauen: Beim Besuch Xi Jinpings in Astana im Juni 2025 wurden Projekte im Wert von 24 Milliarden US-Dollar vereinbart – von Solarkraftwerken bis zu Harnstoffanlagen. Letztere sind für Peking von strategischer Bedeutung: Der steigende Bedarf der chinesischen Landwirtschaft an Stickstoffdüngern macht das Land abhängig von russischen Lieferungen. Kasachstan könnte hier als alternativer Lieferant dienen – und sich damit noch enger an China binden.

Risiko für Investoren

Für Kasachstan birgt die US-Politik weniger die Gefahr unmittelbarer wirtschaftlicher Verluste als vielmehr die eines geopolitischen Stresstests. Die größere Bedrohung liegt in der Unberechenbarkeit Trumps – und in der Möglichkeit, dass Zölle oder Sekundärsanktionen eskalieren.

Für Unternehmen bleibt Kasachstan trotz allem ein attraktiver Rohstoff- und Energiemarkt. Doch wer hier langfristig investieren will, muss nicht nur die Bilanzen, sondern auch das geopolitische Kräfteverhältnis zwischen Russland, China und den USA sehr genau im Blick behalten – und sich bewusst sein, dass in diesem Dreieck Washington nicht zwangsläufig die stärkste Karte in der Hand hält.

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