Der Plan, eine 6,9 Milliarden Dollar teure Eisenbahnstrecke von Usbekistan durch Afghanistan bis zu den pakistanischen Seehäfen zu bauen, steht vor zahlreichen Hürden. Sicherheitsrisiken, Finanzierungslücken, schwieriges Gelände und die fehlende internationale Anerkennung der Taliban könnten das Vorhaben gefährden. Usbekistan hofft, durch die Verbindung Zugang zur Küste des Arabischen Meeres zu erhalten – doch das Projekt ist ins Stocken geraten.

Eine Route durch schwieriges Terrain

Die 647 Kilometer lange Trasse soll Termez im Süden Usbekistans mit Pakistan verbinden und über die afghanischen Städte Naibabad, Maidanshahr, Logar und Kharlachi führen. Nach Fertigstellung könnte die Bahn jährlich bis zu 20 Millionen Tonnen Fracht transportieren und die Transportzeit von derzeit 35 Tagen auf drei bis fünf Tage verkürzen.

Die Kosten sind jedoch unklar: Schätzungen reichen von 4,6 bis 7 Milliarden Dollar. Experten warnen, dass das gebirgige Gelände Afghanistans die Ausgaben weiter in die Höhe treiben dürfte. Besonders problematisch ist der Abschnitt über den Salang-Pass im Hindukusch auf 3.500 Metern Höhe, wo Lawinen und Schneefälle die Strecke monatelang lahmlegen könnten.

Finanzierung bleibt ungewiss

Pakistan hat zugesagt, den Abschnitt auf afghanischem Boden mitzufinanzieren. Doch solange die Taliban international nicht anerkannt sind, dürfte es schwer werden, weitere Investoren oder multilaterale Kreditgeber zu gewinnen.

„Die Verschlechterung der Sicherheitslage macht es derzeit noch schwieriger, Kreditlinien bei Finanzinstituten zu sichern“, erklärte Analyst Yunus Sharifli gegenüber der Times of Central Asia. Auch die massiven Einschränkungen der Frauenrechte unter den Taliban erschweren die Unterstützung durch westliche Geber.

„Unrealistische“ Bauziele

Zweifel gibt es auch an der technischen Umsetzbarkeit. Der usbekische Journalist Yuri Chernogaev sprach von „unrealistischen“ Zielvorgaben. Allein auf dem afghanischen Abschnitt seien 1.200 Bauwerke nötig, darunter 360 Brücken und 70 Kilometer Tunnel. Zum Vergleich: Der 51 Kilometer lange Gotthard-Basistunnel in der Schweiz dauerte 15 Jahre und kostete 10 Milliarden Dollar – trotz günstigerer Bedingungen.

Moskau wittert eine Chance

Während westliche Regierungen auf Distanz bleiben, zeigt Russland Interesse. Moskau ist bislang das einzige Land, das die Taliban offiziell anerkennt. Für den Kreml könnte die Bahnlinie eine Möglichkeit sein, den Einfluss in Zentralasien auszubauen und trotz westlicher Sanktionen neue Handelsrouten in Richtung Südasien zu erschließen.

„Das Projekt könnte eine Alternative zu Chinas Belt and Road Initiative darstellen“, so Sharifli. Russland sehe darin die Chance, Energie, Mineralien und Industriegüter nach Pakistan, Indien und andere südasiatische Märkte zu exportieren.

Machbarkeitsstudie als Hoffnungsschimmer

Im Juli unterzeichneten Usbekistan, Afghanistan und Pakistan ein Rahmenabkommen zur Entwicklung einer Machbarkeitsstudie. Für Taschkent ein wichtiger Schritt: „Diese Vereinbarung ist ein entscheidender Durchbruch“, sagte der stellvertretende Verkehrsminister Jasurbek Choriev. Sie solle helfen, internationale Partner zu überzeugen und Investitionen anzuziehen.

Doch Analyst Sharifli dämpft die Erwartungen: „Kurzfristig, innerhalb der nächsten fünf Jahre, ist die Wahrscheinlichkeit einer Umsetzung gering.“ Zu groß seien die Unsicherheiten durch Sicherheitslage, Finanzierung und diplomatische Isolation Afghanistans.

Usbekistans Balanceakt

Seit 2016 bemüht sich Präsident Shavkat Mirziyoyev um eine Normalisierung der Beziehungen zu Afghanistan. Nach der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021 erklärte Taschkent, man wolle sich als verlässlicher Partner engagieren. Für 2025 kündigte Usbekistan Investitionen von 243 Millionen Dollar in afghanische Energieprojekte an – auch um die eigene Rolle als regionaler Vermittler und Transitdrehscheibe zu stärken.


Dieser Artikel erscheint in Zusammenarbeit mit unserem Kooperationspartner bne intelliNews

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