Zum ersten Mal seit den 1990er Jahren ist eine russische Weizenlieferung per Bahn über Aserbaidschan nach Armenien gelangt. Damit ist eine seit Jahrzehnten stillgelegte Verbindung zwischen Russland, Aserbaidschan, Georgien und Armenien wieder aktiviert – ein Schritt, der weit über die Logistik hinaus politische Signalwirkung hat.

Wie die aserbaidschanische Nachrichtenagentur APA meldete, passierten in der Nacht zum 4. November um 00.15 Uhr 15 Waggons mit insgesamt 1.048,8 Tonnen Weizen die Strecke von Russland über Aserbaidschan und Georgien bis zum armenischen Bahnhof Dalarik. Die Lieferung stammt aus Dimitrowgrad in der russischen Region Uljanowsk und wurde von der Russischen Eisenbahn organisiert.

Das russische Verkehrsministerium bestätigte, dass es sich um die erste Lieferung dieser Art seit den 1990er Jahren handelt. Bis Januar 2026 sollen weitere 132 Waggons Weizen auf derselben Route folgen. Man arbeite zudem daran, künftig auch andere Güter über die Strecke zu transportieren.

Aliyev hebt Beschränkungen auf

Der Wiederbeginn des Transits wurde möglich, nachdem Aserbaidschans Präsident Ilham Aliyev am 21. Oktober bei einem Treffen in Kasachstan angekündigt hatte, sämtliche Nachkriegsbeschränkungen für den Güterverkehr nach Armenien aufzuheben. Diese Entscheidung markiert einen bemerkenswerten Kurswechsel in den bislang angespannten Beziehungen zwischen den beiden Südkaukasus-Staaten.

Armeniens stellvertretender Ministerpräsident Mher Grigoryan sprach von einem „wichtigen Schritt zur Stärkung des gegenseitigen Vertrauens“. Der Zug durchquere bereits aserbaidschanisches Territorium, sagte Grigoryan laut der Nachrichtenagentur Armenpress, und werde Armenien in Kürze erreichen. Er lobte die Kooperation mit den Partnern in Moskau und Baku: „Dieses Ereignis ist von großer Bedeutung für die Förderung des Friedensprozesses.“

Auch Außenminister Ararat Mirzoyan zeigte sich optimistisch. Auf einem internationalen Forum in Jerewan erklärte er, mit Aserbaidschan sei „Frieden geschlossen“, und beide Seiten arbeiteten nun „an den verbleibenden Komponenten“. Ein stabiler Frieden, so Mirzoyan, würde die Souveränität beider Länder stärken – und verhindern, dass „Drittstaaten die Konflikte für ihre eigenen Interessen nutzen“.

Symbolische Gleise

Die Wiederaufnahme des Bahnverkehrs mag technisch betrachtet eine logistische Nachricht sein – politisch aber ist sie ein Symbol: Jahrzehntelang galt die Bahnlinie als Sinnbild der Blockade zwischen Armenien und Aserbaidschan. Nun könnte sie zu einem Indikator für eine neue Phase der regionalen Zusammenarbeit werden – sofern der zarte Annäherungsprozess hält.


Dieser Artikel entstand in Kooperation mit unserem Partner bne intelliNews

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