Aserbaidschans Wirtschaftswachstum wird inzwischen vollständig vom Nicht-Öl- und Gassektor getragen. Das erklärte Wirtschaftsminister Mikayil Jabbarov laut APA am 19. November bei einer Anhörung des Parlamentsausschusses zum Staatshaushalt 2026.

Die Regierung arbeitet seit Jahren daran, die starke Abhängigkeit vom Energiesektor zu verringern. Der Haushaltsentwurf für 2026 spiegelt diese Strategie wider: Vorrang haben fiskalische Stabilität, höhere Sozialausgaben sowie eine weitere Reduzierung des Ölanteils an den öffentlichen Finanzen. „Das BIP-Wachstum wird vollständig durch die Entwicklung des Nicht-Öl- und Gassektors sichergestellt“, betonte Jabbarov.

Der Anteil des Nicht-Öl-Sektors an der Gesamtwirtschaft ist von 58 Prozent im Jahr 2018 auf voraussichtlich 70 Prozent bis Ende 2025 gestiegen. Das reale BIP soll im Zeitraum 2022–2025 durchschnittlich um 3,3 Prozent wachsen, der Nicht-Öl-Sektor sogar um 6,1 Prozent.

Striktere Haushaltsdisziplin und sinkende Ölabhängigkeit

Finanzminister Sahil Babayev, seit Anfang des Jahres im Amt, hob die stärkere Ausrichtung auf fiskalische Disziplin hervor. Für 2026 sind Auslandskredite auf 6 Milliarden AZN (3,5 Milliarden US-Dollar) begrenzt, Inlandskredite auf 2 Milliarden AZN. „Die Verringerung der Auswirkungen des Ölfaktors auf den Staatshaushalt und die Erhöhung nachhaltiger Finanzierungsquellen bleiben zentrale Ziele“, sagte Babayev.

Das Basisdefizit ohne Öl soll 2026 auf 19 Prozent des Nicht-Öl-BIP sinken – nach geschätzten 22,4 Prozent im laufenden Jahr. Bis 2029 liegt das Ziel bei 13 Prozent. Die Staatsverschuldung soll bei rund 30 Prozent des BIP stabilisiert werden.

Ein erheblicher Teil des Budgets entfällt weiterhin auf den Wiederaufbau von Karabach und Ost-Sangesur im Rahmen des „Großen Rückkehr“-Programms nach dem Krieg von 2020. Bis Ende 2025 werden die Ausgaben auf 22 Milliarden AZN (12,9 Milliarden US-Dollar) geschätzt. Für 2026 sind zusätzliche 3,5 Milliarden AZN (2 Milliarden US-Dollar) vorgesehen.

Neben diesen Großprojekten bleibt der Sozialetat der größte Budgetposten: 41 Prozent der Gesamtausgaben oder 17,1 Milliarden AZN (10 Milliarden US-Dollar).

  • Gesundheitswesen: 3,7 Mrd. AZN (2,17 Mrd. USD), +6,4 %
  • Bildung: 5,2 Mrd. AZN (3 Mrd. USD), +14,3 %
  • Sozialschutz: 4,9 Mrd. AZN (2,88 Mrd. USD)

Jabbarov verwies zudem auf Projekte zur „grünen Transformation“. Eine große öffentlich-private Partnerschaft zum Bau einer Meerwasserentsalzungsanlage am Kaspischen Meer – Investitionsvolumen 407 Mio. US-Dollar – soll die Wasserversorgung auf der Halbinsel Abscheron sichern.

Der Nicht-Öl-Export hat sich in den vergangenen sechs Jahren auf 3,4 Milliarden US-Dollar verdoppelt. Auch die Zahl formeller Arbeitsverträge im privaten Nicht-Öl-Sektor steigt deutlich: Rund 200 neue Stellen entstehen täglich.

Zentralbankchef Taleh Kazimov meldete eine dynamische Entwicklung im Finanzsektor. Die Versicherungsprämien überstiegen in den ersten zehn Monaten 2025 die Marke von 1,2 Milliarden AZN. Zudem verstärke eine zunehmende Entdollarisierung die Position der Landeswährung. Transaktionen über nationale Zahlungssysteme erreichten mehr als 66,3 Milliarden AZN – ein weiterer Hinweis auf den Trend zu bargeldlosen Zahlungen.

Trotz der positiven Dynamik mahnen Experten zur Vorsicht. Der Vorsitzende der Rechnungskammer, Vugar Gulmammadov, forderte präzisere Regeln für Subventionen und eine deutliche Darstellung der Inflationsrisiken. Die Inflationsprognose für 2025 wurde bereits von 4,6 auf 5,4 Prozent erhöht – vor allem aufgrund steigender Importkosten.


Dieser Artikel entstand in Kooperation mit unserem Partner bne intelliNews

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