Autor: Deutsch-Russische Auslandshandelskammer

Der russische Automarkt verzeichnete in den ersten sieben Monaten 2025 einen deutlichen Rückgang. Von Januar bis Juli wurden insgesamt 646.702 Pkw verkauft, ein Minus von 24% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Besonders stark betroffen war das Segment importierter Fahrzeuge: Lieferengpässe und eine schwache Nachfrage führten zu einem markanten Einbruch, während der Anteil lokal in Russland produzierter Autos zunahm. Laut russischem Industrieministerium erhöhte sich der Inlandsproduktionsanteil bis Juli um 11 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr.
Im Juli 2025 kam es zu einem Zwischenhoch. Durch umfangreiche Rabattaktionen zog die Nachfrage gegenüber den Vormonaten an. Mit 120.650 Pkw wurden 33,9% mehr Fahrzeuge verkauft als im Juni. Dies war das beste Monatsergebnis seit Jahresbeginn, lag aber immer noch 11,4% unter dem Wert des Vorjahres. Die Association of European Businesses (AEB) in Russland hat im Juli ihre Jahresprognose deutlich gesenkt. Erwartet wird nun ein Gesamtabsatz von 1,25 Mio. Pkw, ein Rückgang um 24% gegenüber 2024. Zu Jahresbeginn war der Wirtschaftsverband noch von einem Minus von 15% ausgegangen.
Im europäischen Vergleich belegte Russland im Juli 2025 mit 120.649 Pkw Platz 3, knapp hinter Großbritannien (140.154) und vor Italien (118.493) oder Frankreich (116.377). In Deutschland wurden im gleichen Monat über 260.000 Autos verkauft. Der Gebrauchtwagenmarkt ist in Russland um ein Vielfaches größer als der Neuwagenmarkt: Zwischen Januar und Juli wechselten rund 3,3 Mio. Fahrzeuge den Besitzer, was einem leichten Plus von 0,2% gegenüber dem Vorjahr entspricht.
Dominanz chinesischer Marken und Modelle
Die Marktanteile bei Neukäufen zeigen 2025 eine deutliche Verschiebung zugunsten chinesischer Hersteller. Im Juli führte Lada mit knapp 28.240 verkauften Fahrzeugen das Ranking an, was einem Marktanteil von 21% entsprach. Auf den Plätzen 2 und 3 folgten die chinesischen Anbieter Chery (13.500 Fahrzeuge) und Haval (13.120 Fahrzeuge) mit jeweils 10–11% Marktanteil. Dahinter rangierten Geely mit 8390 und Changan mit 7860 Fahrzeugen.
Auch die Modellrangliste spiegelt die zunehmende Dominanz der Chinesen wider. Im Juli 2025 lagen Lada Granta (13.000 Stück) und Lada Vesta (6700 Stück) zwar zwei russische Marken an der Spitze. Auf Rang 3 folgte der Haval Jolion mit 5552 verkauften Einheiten, gefolgt vom Chery Tiggo 4 (4482 Fahrzeuge). Unter den zehn meistverkauften Modellen fanden sich zudem der BelGee X50, ein in Belarus produziertes Geely-Modell, sowie weitere chinesische Fabrikate wie der Changan UNI-K, Chery Tiggo 7Pro und Jetour Dashing. Bereits 2024 stammten acht der zehn meistverkauften Automarken in Russland aus China. Der kumulierte Marktanteil chinesischer Hersteller stieg von 47% im Jahr 2023 auf rund 62% im Jahr 2024.
Der Wirtschaftswissenschaftler Alexander Libman von der Freien Universität Berlin erläuterte im „Zaren. Daten. Fakten.“-Podcast der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer: „Chinesische Autos gelten in Russland inzwischen auch als verlässlicher, da man sicher sein kann, dass es keine zukünftigen Lieferprobleme mit Ersatzteilen aufgrund geopolitischer Schwierigkeiten geben wird. Kurzfristig sehe ich daher keine Chance für westliche Unternehmen, den Markt zurückzuerobern, sollten Sie Interesse haben, zurückzukommen“. Hören Sie die Podcast-Folge hier.
Geplatzter Traum vom Automarktführer
Anfang der 2010er-Jahre konkurrierte Russland zeitweise mit Deutschland um den Spitzenplatz in der Rangliste der größten Pkw-Märkte Europas. Im Jahr 2012 erreichte der russische Markt mit rund 2,76 Mio. verkauften Neuwagen seinen Höhepunkt, 2014 lag der Absatz noch bei 2,49 Mio. Fahrzeugen.
Infolge der Rubelkrise und westlicher Sanktionen nach der Krim-Krise brach der Markt 2015 auf 1,6 Mio. Fahrzeuge ein und sank 2016 weiter auf 1,42 Mio. Einheiten. Danach stabilisierte sich der Markt zwischen 2015 und 2021 auf einem Niveau von 1,4 bis 1,8 Mio. Pkw pro Jahr.
Der schärfste Einbruch erfolgte 2022: Die Neuwagenverkäufe kollabierten um 58,8% auf nur noch 687.000 Fahrzeuge, ein Negativrekord für Russland. Russlands größter Hersteller AvtoVAZ musste aufgrund der Sanktionen zeitweise Modelle ohne Airbags oder ABS anbieten, um die Produktion aufrechtzuerhalten. Erst 2023 kam es wieder zu einem Anstieg, getrieben durch staatliche Stimuli und die massive Expansion chinesischer Autobauer. Der Absatz stieg auf 1,06 Mio. Fahrzeuge, ein Plus von 69% gegenüber 2022. Im vergangenen Jahr folgte ein weiteres Wachstum um 48% auf 1,57 Mio. Neuzulassungen, womit Russland aber weiterhin unter dem Niveau von 2021 (1,67 Mio.) blieb.
Zum Vergleich: In Deutschland wurden in den ersten sieben Monaten 2025 insgesamt 1.667.591 Pkw neu zugelassen. Dies entsprach etwa dem 2,5-Fachen der russischen Zulassungen im gleichen Zeitraum. Während Russland in diesem Zeitraum einen Rückgang von 24% verzeichnete, sank der Absatz in Deutschland lediglich um 2,5%.
Quellen: Kommersant 1, 2, Autonews (alle RU), VDIK

