Schwankungen der weltweiten Ölpreise bleiben eine kritische Schwachstelle für die Wirtschaft Aserbaidschans. Laut aktualisierten Prognosen der ING Group, der größten Bankengruppe der Niederlande, entspricht jede Veränderung des durchschnittlichen Jahresölpreises um 1 US-Dollar einem Verlust von etwa 300 Millionen US-Dollar an Exporteinnahmen und 150 Millionen US-Dollar an Mindereinnahmen im Staatshaushalt. Die revidierten Prognosen der Bank für die vier GUS-Staaten Aserbaidschan, Armenien, Kasachstan und Usbekistan berücksichtigen das verlangsamte globale Wachstum, fallende Ölpreise und anhaltenden Inflationsdruck. Aserbaidschan wird neben Kasachstan als besonders anfällig für Energiepreisschwankungen eingestuft, da Öl 88% der gesamten Exporte des Landes und 52% der Haushaltseinnahmen ausmacht. ING schätzt, dass ein Rückgang des durchschnittlichen Ölpreises um 5 US-Dollar im Jahr 2025, gefolgt von einem Rückgang um 11 US-Dollar im Jahr 2026, zu Verlusten in Höhe von 2% des BIP Aserbaidschans über zwei Jahre führen könnte.
Trotz einer gewissen Entlastung durch die weltweit niedrigere Inflation hat der an den US-Dollar gekoppelte aserbaidschanische Manat (Die aserbaidschanische Währung) nicht von der jüngsten Abwertung des „Greenback“ um 8% gegenüber den wichtigsten Währungen profitiert. ING stellt fest, dass Kapitalströme angesichts der globalen Unsicherheit und der geopolitischen Risiken weiterhin aus Schwellenländern, darunter auch den GUS-Staaten, abfließen.
In seinen jüngsten Prognosen senkte ING die Wachstumsprognose für Aserbaidschan für 2025 und 2026 von zuvor 3% auf 2,5%. Die Inflation dürfte 2025 und 2026 mit 5,1% pro Jahr stabil bleiben. Gleichzeitig hält die Zentralbank Aserbaidschans, wie ihre Pendants in Kasachstan, Usbekistan und Armenien, die Zinsen trotz früherer Erwartungen einer Lockerung der Geldpolitik unverändert. ING führt dies auf anhaltende Inflationsrisiken zurück und stellt fest, dass der Spielraum für Zinssenkungen im Jahr 2025 „äußerst begrenzt“ ist. Nach Ansicht der Bank spiegelt die verhaltene Reaktion der Region auf die Dollarschwäche die allgemeine Dynamik der Kapitalmärkte wider, wo risikoscheue Anleger von einer sicheren Anlage in eine andere wechseln und dabei Volkswirtschaften wie Aserbaidschan meiden, die stark von Rohstoffexporten abhängig sind und nur über eine begrenzte Kapitalmarkttiefe verfügen.
Dieser Beitrag erschien zuerst in englischer Sprache bei unserem Kooperationspartner bne IntelliNews.

