Das Energieministerium in Bischkek hat am 10. September die Warnung des Präsidenten der Nationalen Akademie der Wissenschaften zurückgewiesen. Kanatbek Abdrakhmanov, auch Direktor des Instituts für Seismologie, sagte, beim Bau des Wasserkraftwerks Kambarata-1 fehlten grundlegende seismische Untersuchungen. Ein starkes Erdbeben könne den Damm am Fluss Naryn zerstören und weitere Kraftwerke flussabwärts gefährden, berichtete „Azattyk“.
Regierung widerspricht
Das Energieministerium weist diesen Vorwurf zurück. Kambarata-1, ein Projekt mit geschätzten Kosten von mindestens fünf Milliarden Dollar, sei sicher. Das Schweizer Unternehmen AFRY Switzerland habe eine seismische Studie erstellt. Dabei wurden Daten von 1770 bis 2024 ausgewertet und internationale Experten eingebunden.
Die Studie kam laut Ministerium zu dem Ergebnis, dass der Bau seismischen Belastungen standhält. Fachleute empfahlen zudem, eine gebogene Gewichtsstaumauer zu errichten, um die Stabilität zu erhöhen. Nach Angaben des Ministeriums hätten die Spezialisten des Instituts für Seismologie trotz Einladung nicht an der Untersuchung teilgenommen. In Zukunft wolle man in jeder Bauphase eine seismische Mikrozonierung durchführen.
Scharfe Kritik der Seismologen
Abdrakhmanov widerspricht. Er erklärte, die Vorschläge der Akademie zur Standortprüfung seien ignoriert worden. „Solchen Großprojekten hätten seismische Studien vorausgehen müssen. Leider ist das nicht geschehen“, sagte er.
Er warnte: „Wenn Kambarata-1 bei einem Erdbeben einstürzt, könnten auch Kambarata-2 und die gesamte Kaskade flussabwärts weggespült werden.“ Nach seinen Angaben erhielt die Akademie auf zwei Schreiben an das Ministerium kaum Antworten: einmal eine vage Zusage, beim zweiten Mal gar nichts. „Es ist unverantwortlich, an einem so gefährlichen Ort ohne ausreichende Studien zu bauen.“
Milliardenprojekt mit internationaler Hilfe
Kirgisistan wird für den Bau voraussichtlich Unterstützung der Weltbank brauchen. Nach seiner Fertigstellung soll Kambarata-1 eine Leistung von 1.860 Megawatt erreichen und jährlich 5,6 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugen.
Das Energieministerium will die Stromkapazität des Landes bis 2050 von heute 3,9 auf 10 Gigawatt erhöhen – vor allem mit Wasserkraft. Kambarata-1 ist das Schlüsselprojekt. Parallel dazu sollen kleinere Wasserkraftwerke entstehen, deren Kosten auf rund 16 Milliarden Dollar geschätzt werden.
Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache bei unserem Kooperationspartner bne intelliNews