Ungarn erlebt einen neuen Tiefpunkt seiner demografischen Entwicklung. Im Oktober wurden nach Angaben des Statistischen Zentralamts (KSH) nur 5.979 Kinder geboren – zehn Prozent weniger als im Vorjahresmonat und so wenige wie noch nie in einem Oktober. Zugleich starben 10.333 Menschen, ein Rückgang um knapp sieben Prozent. Der natürliche Bevölkerungsverlust belief sich damit auf 4.354 Personen, kaum weniger als die bereits pessimistische Prognose für 2024.

Von Januar bis Oktober kamen insgesamt 60.304 Kinder zur Welt, rund sieben Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die Zahl der Todesfälle sank leicht auf 102.748. Der natürliche Bevölkerungsrückgang stieg dadurch auf 42.444 Menschen. Die Gesamtbevölkerung rutschte damit erstmals seit 1952 unter die Marke von 9,5 Millionen.

Auch die Geburtenrate sinkt weiter. In den ersten zehn Monaten des Jahres lag sie bei 1,31 – nach 1,39 im Vorjahr und 1,62 vor vier Jahren.

Während die Regierung den Anstieg der Geburtenrate in den 2010er-Jahren ihren familienpolitischen Maßnahmen zuschreibt, sehen Fachleute vor allem demografische Gründe. In dieser Zeit erreichten die geburtenstarken Jahrgänge der 1970er Jahre das Elternalter, was die Geburtenzahlen vorübergehend steigen ließ.

Seit 2022 hat der seit den 1980er-Jahren bestehende Abwärtstrend jedoch deutlich an Tempo gewonnen. Als Gründe nennen Experten wirtschaftliche Unsicherheit, hohe Inflation, eine sinkende Zahl gebärfähiger Frauen und die anhaltend hohe Auswanderung. Schätzungen zufolge wird inzwischen jedes sechste ungarische Kind im Ausland geboren.

Ungarn hat in den vergangenen vier Jahrzehnten etwa 1,25 Millionen Einwohner verloren. Setzt sich die Entwicklung fort, könnte die Bevölkerung bis 2040 auf 8,5 Millionen und bis 2070 auf rund 6 Millionen sinken.

Die Folgen sind bereits spürbar. Der Arbeitsmarkt leidet unter einer schrumpfenden Erwerbsbevölkerung, und das umlagefinanzierte Rentensystem gerät zunehmend unter Druck. Obwohl Fachleute seit Jahren umfassende Reformen fordern, hat die Regierung das Problem bislang kaum angegangen – auch aus Sorge vor politischen Risiken.


Dieser Artikel entstand in Kooperation mit unserem Partner bne intelliNews

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