Die Türkei bemüht sich um eine Ausweitung ihres Gasabkommens mit Turkmenistan. Präsident Recep Tayyip Erdoğan reiste am 12. Dezember zu den Feierlichkeiten anlässlich des 30. Jahrestags der Neutralität Turkmenistans nach Aschgabat. Am Rande der Veranstaltung waren Gespräche mit der turkmenischen Führung geplant, bei denen auch die Erdgasversorgung Thema sein sollte.
Bereits Anfang Dezember hatte Energieminister Alparslan Bayraktar erklärt, Ankara arbeite an einer langfristigen Verlängerung der Gasimporte aus dem Iran, ergänzt durch ein Tauschgeschäft mit Turkmenistan. Die größte Hürde seien dabei weiterhin internationale Sanktionen, deren rechtliche Auslegung für zusätzliche Unsicherheit sorge.
Abhängigkeit von iranischem Gas
Für die Türkei steht viel auf dem Spiel. In den Wintermonaten ist das Land auf stabile Gaslieferungen angewiesen, um den steigenden Energiebedarf zu decken. Ohne iranische Importe drohten Versorgungsengpässe und im Extremfall Stromausfälle, wie sie zuletzt im Winter 2022 auftraten.
Ankara bezieht seit 2001 jährlich 9,6 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus dem Iran. Das entsprechende Lieferabkommen läuft im Juli 2026 aus. Während seiner Laufzeit kam es jedoch immer wieder zu Unterbrechungen, unter anderem wegen technischer Probleme auf iranischer Seite. Sanktionen erschweren Teheran die Wartung seiner veralteten Infrastruktur. Besonders in den Wintermonaten lenkt der Iran zudem Exportmengen um, um den heimischen Markt zu stabilisieren.
Gastausch als Übergangslösung
Der im März gestartete Gastausch zwischen der Türkei, dem Iran und Turkmenistan sollte die türkische Versorgung während der Heizperiode absichern. Zugleich sollte das Abkommen Turkmenistans Ruf als verlässlicher Energielieferant stärken und den seit Jahrzehnten stockenden Plänen für eine transkaspische Gaspipeline neuen Schwung verleihen.
Die Türkei drängt seit den 1990er Jahren auf den Bau einer solchen Route. „Wir haben die Phase erreicht, in der wir konkrete Schritte unternehmen, um unseren 30 Jahre alten Traum von Erdgaslieferungen durch die geplante transkaspische Pipeline zu verwirklichen“, sagte Bayraktar am 10. Dezember bei einem Treffen von Energievertretern unter dem Dach der Organisation Türkischer Staaten.
Im Rahmen des Tauschabkommens sollte die Türkei jährlich 1,3 Milliarden Kubikmeter turkmenisches Gas über den Iran beziehen. Turkmenistan wiederum sollte eine etwas größere Menge Gas in den Nordwesten des Iran liefern, wobei die Differenz die iranischen Transitkosten abdecken sollte.
Der Start verlief zunächst reibungslos. Allein im März erhielt die Türkei 112 Millionen Kubikmeter Gas aus Turkmenistan, bis Juni summierten sich die Lieferungen auf 465 Millionen Kubikmeter. Danach kamen die Importe jedoch überraschend zum Erliegen, obwohl der staatliche türkische Importeur Botas weiterhin regelmäßig Transportkapazitäten auf der Iran-Türkei-Pipeline reservierte.
Die Gründe für den Lieferstopp sind bis heute unklar. Turkmengaz-Chef Maksat Babajew sprach von technischen Problemen, während Bayraktar im Oktober vage auf Zahlungsfragen verwies.
Sanktionen als entscheidender Faktor
Beobachter vermuten die Ursache jedoch in der Sanktionspolitik der USA und der Europäischen Union. Im Juni verschärfte Washington seine Maßnahmen gegen den Iran und bezog erstmals auch Gas-Tauschgeschäfte ein. Die EU folgte im September mit ähnlichen Schritten.
Das bestehende türkisch-iranische Importabkommen unterliegt bislang einer US-Ausnahmeregelung, die voraussichtlich auch bei einer Verlängerung über 2026 hinaus gelten würde. Für das turkmenische Gas jedoch ist eine solche Ausnahme bislang nicht in Sicht. Die Chancen, dass Turkmenistan eine Genehmigung für Lieferungen an den Iran erhält, gelten als gering.
Ein mögliches Motiv Washingtons könnte darin liegen, den Druck auf Aschgabat zu erhöhen, sich klarer zum transkaspischen Pipelineprojekt zu bekennen.
Widersprüchliche Signale aus Washington
Seit Jahresbeginn sendet die US-Politik gegenüber Turkmenistan widersprüchliche Signale. Im Oktober lobte die turkmenische Führung öffentlich die Unterstützung Washingtons beim Beginn einer neuen Bauphase der transafghanischen Pipeline TAPI. Gleichzeitig kritisierten turkmenische Beamte scharf die von den USA verhängten Einreisebeschränkungen für turkmenische Staatsbürger.
Trotz der offenen Fragen zeigte sich Bayraktar zuletzt optimistisch. „In diesem Jahr haben wir erstmals Gas aus Turkmenistan importiert. Als nächsten Schritt wollen wir die Menge erhöhen“, sagte er bei dem OTS-Treffen. Auffällig war jedoch, dass Turkmenistan, obwohl es der Organisation mit Beobachterstatus angehört, keine hochrangige Delegation entsandte.
Dieser Artikel entstand in Kooperation mit unserem Partner bne intelliNews

