Taschkent steckt seit Tagen in einer dichten Smogschicht. Der scharfe Geruch von Verbranntem hängt über der Stadt, und die Messstationen bestätigen, was die Bewohner seit Wochen spüren: Die Luft ist erneut hochgradig belastet.
Am 20. November führte Taschkent den internationalen Luftqualitätsindex IQAir an. Mit einem Wert von 250 galt die Luft als „sehr schädlich“. Die usbekische Hauptstadt zählte damit zu den am stärksten verschmutzten Städten der Welt.
Nach einem kurzen Rückgang der Belastung verschlechterte sich die Lage ab dem Nachmittag des 23. November erneut.
Feinstaubwerte weit über Grenzwert
Uzhydromet meldete am Abend des 23. November einen PM10-Wert von 373 Mikrogramm pro Kubikmeter. Das liegt rund 20 Prozent über dem zulässigen Grenzwert von 300 Mikrogramm.
Noch alarmierender waren die PM2,5-Messungen. Sie stiegen auf 202 Mikrogramm pro Kubikmeter und damit auf mehr als das Dreifache des erlaubten Tageswerts.
Die Behörden erklärten, plötzliche Temperaturschwankungen hätten eine atmosphärische Inversion ausgelöst. Dabei werden Schadstoffe in Bodennähe eingeschlossen und können nicht abziehen. Uzhydromet rechnet damit, dass diese Wetterlage noch mehrere Tage anhält. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, Aktivitäten im Freien einzuschränken und Schutzmasken zu tragen.
Präsident erlässt Notfallmaßnahmen
Am 25. November reagierte Präsident Shavkat Mirziyoyev mit einem Dekret. Es sieht weitreichende Sofortmaßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität vor. Eine Sonderkommission unter Leitung von Aziz Abduhakimov soll die Lage überwachen und bei Bedarf umgehend eingreifen.
Die Kommission kann unter anderem:
– Industrie- und Verkehrsunternehmen einschränken,
– Fahrverbote nach Kennzeichenregel einführen, Elektrofahrzeuge ausgenommen,
– Anlagen schließen, die Schadstoffe oder Abfälle verbrennen,
– Standorte identifizieren, an denen Industriebetriebe aus der Stadt ausgelagert werden können,
– strengere Regeln für Abwasser und Bauprojekte durchsetzen.
In Taschkent sollen Baustellen sofort kontrolliert werden. Bauherren müssen künftig ein Viertel ihrer Flächen begrünen, Sprinkleranlagen installieren und Radwaschanlagen für Fahrzeuge einrichten. Außerdem entstehen auf größeren Baustellen neue Messstationen.
Mehr Grünflächen und künstliche Seen
Die Stadt will zudem Bäume und Sträucher häufiger bewässern. In den kommenden drei Monaten sollen zwölf künstliche Seen entstehen und die Zahl der Springbrunnen verdoppelt werden. Damit soll die Luftfeuchtigkeit steigen und die Staubbelastung sinken.
Die Regierung ordnete außerdem an, Gewächshäuser wieder auf Gasbetrieb umzustellen. Frühere Pläne für einen Umstieg auf Kohle werden damit zurückgenommen. Betriebe ohne Filtertechnik müssen mit Strafen oder sogar mit Beschlagnahmungen rechnen.
Ein erweitertes Netz zur Luftüberwachung soll weitere Messstationen in Taschkent und neue Labore umfassen. Luftreiniger für Privathaushalte sind ab sofort zollfrei. Bis zum 1. Dezember sollen nationale, farbcodierte Luftqualitätsstufen und entsprechende Gesundheitshinweise eingeführt werden.
Druck aus der Präsidialverwaltung
Am 24. November berief Saida Mirziyoyeva, die Leiterin der Präsidialverwaltung, eine Dringlichkeitssitzung ein. Sie diskutierte mit Regierungsvertretern Beschwerden aus der Bevölkerung, aktuelle Messdaten und die Ursachen der anhaltenden Verschmutzung.
Mirziyoyeva kündigte striktere Kontrollen an. Umweltverschmutzer – ob staatlich oder privat – müssten mit empfindlichen Folgen rechnen. Der Schutz der Bevölkerung habe oberste Priorität.
Die Regierung wies große Industrieunternehmen an, ihre Emissionen bis zum 1. Dezember um 50 Prozent zu senken. Betriebe der Kategorien I und II müssen Umweltauflagen vollständig einhalten, sonst drohen ihnen Bußgelder, Betriebsschließungen oder strafrechtliche Konsequenzen.
Gebete für Regen
Angesichts der Sorge in der Bevölkerung kündigte das muslimische Büro Usbekistans an, am 28. November landesweit Istisqa-Gebete abzuhalten. Die traditionelle Bitte um Regen soll helfen, den Staub in der Luft zu binden.
Am Abend des 25. November erreichte der Luftqualitätsindex erneut 251 Punkte (US AQI). Die PM2,5-Werte lagen bei 175,9 Mikrogramm pro Kubikmeter. Die Stadt versank erneut im dichten Dunst.
Dieser Artikel entstand in Kooperation mit unserem Partner bne intelliNews

