Zentralasien

Nach Angaben der chinesischen Regierung ist der Handel mit den zentralasiatischen Staaten in den ersten zehn Monaten des Jahres 2025 deutlich gewachsen – verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. Besonders stark fiel der Anstieg im Verhältnis zu Kirgisistan aus: Das bilaterale Handelsvolumen kletterte von 17,4 auf 23,6 Milliarden US-Dollar. Bemerkenswert ist die Größenordnung: Laut kirgisischer Statistik erreichte das BIP des Landes im selben Zeitraum rund 16,3 Milliarden Dollar – damit übersteigt allein der Handel mit China das gesamte wirtschaftliche Jahresaufkommen Kirgisistans. Die Diskrepanz erklärt sich nach Einschätzung regionaler Experten vor allem durch systematischen Schmuggel sowie die Umgehung westlicher Sanktionen. Große Warenmengen überqueren die Grenze offenbar, ohne in der kirgisischen Statistik aufzutauchen.

Auch Kasachstan, Usbekistan und Tadschikistan verzeichneten steigende Umsätze: Für Kasachstan wuchs der Handel von 36,5 auf 39,8 Milliarden Dollar, für Usbekistan von 11,1 auf 12,9 Milliarden Dollar und für Tadschikistan von 3,3 auf 3,5 Milliarden Dollar. Nur Turkmenistan bildet die Ausnahme: Das bilaterale Handelsvolumen sank von 8,9 auf 8,3 Milliarden Dollar. Trotz dieses Rückgangs bleibt Turkmenistan das einzige Land der Region mit einem Handelsüberschuss im Verhältnis zu China: Die chinesischen Importe beliefen sich auf über 8,1 Milliarden Dollar, während die Exporte aus China lediglich 784 Millionen Dollar umfassten. Bei allen anderen zentralasiatischen Staaten fällt die Bilanz klar zugunsten der Volksrepublik aus.

Parallel dazu haben China, Iran, Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan und die Türkei nach Angaben der „Tehran Times“ vereinbart, den Schienengüterverkehr entlang des südlichen Zweigs des Mittleren Korridors zu modernisieren – durch einheitliche Tarife, kürzere Transportzeiten, geringere Nebenkosten und einen Ausbau der Infrastruktur. Sollte das Projekt vollständig umgesetzt werden, könnte ein erheblicher Teil des Transitverkehrs künftig über den Iran laufen.

Ende November wurde in Baku zudem die Eurasische Transportroutenvereinigung gegründet. Vertreter aus Aserbaidschan, Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan nahmen teil. Bereits zuvor hatten erste Transporte über den südlichen Zweig des Mittleren Korridors begonnen – von der chinesischen Stadt Kaschgar bis nach Aserbaidschan.

Kasachstan

In Aktau am Kaspischen Meer entsteht derzeit für 300 Millionen Dollar ein neuer Seehafen. Der Gouverneur der Region Mangistau bestätigte das chinesische Unternehmen Zhongyun International als strategischen Partner. Aktau gilt als wichtiger Knotenpunkt des Mittleren Korridors.

Auch politisch und wirtschaftlich intensiviert die kasachische Regierung den Austausch mit Peking. Eine Delegation aus Nordkasachstan reiste nach China und unterzeichnete sieben Kooperationsabkommen, unter anderem zu Agrarwissenschaft, Bildung, Windenergie und einer neuen Kartonfabrik.

Zudem arbeiten beide Länder an einer Reform des bilateralen Abkommens über den Trockenhafen Khorgos an der gemeinsamen Grenze. Laut dem kasachischen Vize-Industrieminister Iran Sharkhan sollen das Hafengelände erweitert, ein zusätzlicher Kontrollpunkt eröffnet und ein 24-Stunden-Betrieb eingeführt werden. Trotz wiederkehrender logistischer Probleme seit der Eröffnung im Jahr 2012 verzeichnete Khorgos laut Kazinform im ersten Halbjahr 2025 einen Güterumschlag von 22,3 Millionen Tonnen.

In Astana organisierte die chinesische Botschaft gemeinsam mit UN Women zudem ein Seminar zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter.

Kirgisistan

In Kirgisistan hat sich die antichinesische Stimmung spürbar verschärft. Auslöser war eine Schlägerei zwischen kirgisischen und chinesischen Bauarbeitern Mitte November. Ein Gericht ordnete Untersuchungshaft für 16 Beteiligte – darunter chinesische Staatsbürger – bis Mitte Januar an. Die öffentliche Debatte wird zusätzlich durch die verbreitete Wahrnehmung angeheizt, dass chinesische Infrastrukturprojekte nur wenige Arbeitsplätze für Einheimische schaffen.

Regierungsvertreter bemühen sich, die Lage zu beruhigen. Kamchybek Tashiyev, Chef des Staatlichen Komitees für Nationale Sicherheit, wies die Warnung vor einer „chinesischen Invasion“ zurück. Die ausländischen Arbeiter unterlägen strengen Kontrollen, so Tashiyev. Das geplante Bahnprojekt zwischen China, Kirgisistan und Usbekistan werde zudem erhebliche Einnahmen bringen. Zugleich räumte er ein, dass chinesische Bauarbeiter über Qualifikationen verfügten, die vielen kirgisischen Kollegen fehlten.

Unabhängig davon wurde der Direktor eines chinesischen Unternehmens, das im Goldfeld Dolpran tätig ist, wegen angeblicher Umweltverstöße festgenommen.

Tadschikistan

Die tadschikische Regierung bestreitet Berichte über ein Ersuchen an Russland, beim Schutz der Grenze zu Afghanistan zu helfen. Reuters hatte gemeldet, Duschanbe verhandele mit Moskau über gemeinsame Patrouillen entlang der 1.368 Kilometer langen Grenze unter dem Dach der OVKS. Das Außenministerium widersprach: Der Bericht entspreche nicht der Realität. Hintergrund sind Angriffe islamistischer Militanter, bei denen zuletzt fünf chinesische Beschäftigte in der Grenzregion getötet worden waren.

Usbekistan

Innenminister Aziz Tashpulatov führte eine Delegation nach China, um sich über Pekings Methoden der öffentlichen Ordnung zu informieren. Usbekistan zeigt Interesse an chinesischer Überwachungstechnologie – Kritiker warnen vor einem möglichen Ausbau eines digitalen Polizeistaats.

Die usbekische Raumfahrtagentur Uzcosmos beauftragte das chinesische Unternehmen Star.Vision, 2026 einen neuen Satelliten zu starten. Dieser soll der Überwachung von Nutzpflanzen und klimatischen Veränderungen dienen.

Auch der Tourismus boomt: Die Zahl chinesischer Besucher stieg in den ersten zehn Monaten 2025 auf fast 218.000 – im Vorjahr waren es 58.000. Möglich wurde der Anstieg auch durch ein im Juni vereinbartes visafreies Reisen für bis zu 30 Tage. Am 24. November hob zudem erstmals ein Frachtflug zwischen Wenzhou und Taschkent ab; an Bord waren 50 Tonnen E-Commerce-Waren.

Turkmenistan

Turkmenistans Präsident Serdar Berdimuhamedow ratifizierte Ende November den Vertrag über „ewige gute Nachbarschaft, Freundschaft und Zusammenarbeit“, den China und die fünf zentralasiatischen Staaten bereits im Sommer beim Gipfel in Astana unterzeichnet hatten. Das Abkommen soll die bilaterale und regionale Kooperation weiter vertiefen.


Dieser Artikel entstand in Kooperation mit unserem Partner bne intelliNews

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