Kasachstan hat damit begonnen, die Grundlagen für eine Überarbeitung der Verträge zu schaffen, die es in den 1990er-Jahren mit großen Ölkonzernen abschloss – einer Zeit, in der die Nation wirtschaftlich am Boden lag.

„Fast zwei Drittel der gesamten Kohlenwasserstoffförderung Kasachstans stammen aus nur drei Öl- und Gasfeldern: Tengiz, Karatschaganak und Kaschagan. Sie wurden noch zu Sowjetzeiten entdeckt, ihre Erschließung wurde jedoch erst durch Produktionsbeteiligungsabkommen mit westlichen Ölgesellschaften in den 1990er-Jahren möglich“, erklärte der Politikwissenschaftler Rassul Kospanov in einem Beitrag für die Carnegie Endowment for International Peace. „Westliche Ölriesen erhalten unter Verträgen aus den 1990er-Jahren bis zu 98 Prozent der Einnahmen aus einigen kasachischen Erdölfeldern.“

Die Abkommen mit westlichen Energiekonzernen bildeten lange das Fundament des Produktionsbooms des Landes, brachten jedoch nur bescheidene fiskalische Erträge. Nun betrachtet die Regierung des Landes das Jahr 2025 als entscheidendes Zeitfenster, um mehr Kontrolle über die riesigen Kohlenwasserstoffvorkommen zu erlangen und die Verträge neu zu verhandeln.

Zu Jahresbeginn erreichte die Ölförderung Kasachstans einen Rekordwert von durchschnittlich über 2,03 Mio. Barrel pro Tag. Doch anstatt zu feiern, richten die Behörden den Blick zunehmend auf strukturelle Defizite im Sektor.

„Das Haushaltsdefizit Kasachstans steigt seit 2020 stetig an“, so Kospanov, und hat 2024 drei Prozent des BIP erreicht, während westliche Ölriesen weiterhin den Großteil des Ölreichtums aus den ertragreichsten Feldern des Landes abschöpfen.

Die Ölproduktion konzentriert sich auf die drei großen Felder aus Sowjetzeiten, deren Erschließung durch in den 1990er-Jahren geschlossene Produktionsbeteiligungsabkommen mit Unternehmen wie Chevron, ExxonMobil, Eni, Shell und TotalEnergies ermöglicht wurde.

Diese Abkommen brachten zwar Investitionen in Höhe von mehreren Dutzend Milliarden Dollar ins Land – allein in Kaschagan 50 Mrd. USD –, waren jedoch mit langen Amortisationszeiten, Steuervergünstigungen und geheimen Vertragsklauseln verbunden.

„Der junge und institutionell schwache Staat musste den Investoren extrem günstige Geschäftsbedingungen bieten“, schrieb Kospanov. Als Folge erhielt der Staat in den ersten Jahren nur einen geringen Gewinnanteil, und viele Vertragsbedingungen sind bis heute nicht offengelegt.

Aktuelle rechtliche und umweltbezogene Forderungen deuten auf einen Kurswechsel hin. 2023 reichte Kasachstan eine 13 Mrd. USD schwere Klage (später erweitert auf 160 Mrd. USD) gegen das Kaschagan-Konsortium ein, begleitet von einer Umweltstrafe in Höhe von 5,1 Mrd. USD. Eine weitere Klage über 3,5 Mrd. USD wurde gegen die Betreiber des Karatschaganak- Feldes erhoben. Das Tengizchevroil-Konsortium sieht sich bislang keiner größeren Klage gegenüber, doch im Februar musste dessen CEO erstmals vor dem Parlament Fragen kasachischer Abgeordneter beantworten.

Präsident Kassym-Jomart Tokajew erklärte im Januar, dass Produktionsbeteiligungsabkommen zwar historisch wichtig gewesen seien, nun jedoch „unter günstigeren Bedingungen“ für Kasachstan überarbeitet werden müssten. Energieminister Almassadam Satkaliyev bestätigte später, die Regierung bereite Neuverhandlungen zum Tengiz-Projekt vor, einschließlich Änderungen bei Betreibern und Gewinnanteilen.

„Es gibt wohl keinen besseren Zeitpunkt für diese Änderungen als jetzt“, schreibt Kospanov und verweist auf eine neue Generation kasachischer Beamter, die nicht mit den Kompromissen der 1990er-Jahre verbunden sind. Ihr Interesse an Reformen sei nicht nur wirtschaftlich motiviert, sondern auch Ausdruck des Wunsches nach politischer Unabhängigkeit.

Auch der innenpolitische Druck wächst. Eine Petition von 2022 forderte Transparenz bei Ölverträgen und Einnahmeverteilung – ein Zeichen für zunehmende Forderungen nach Ressourcengerechtigkeit. Zwar ist die öffentliche Meinung in Kasachstans politischem System keine dominierende Kraft, doch werde sie „immer schwieriger zu ignorieren“, so Kospanov.

Die derzeit instabile geopolitische Lage treibt den Wandel zusätzlich voran, da die zentralasiatischen Länder mehr internationalen Einfluss haben als je zuvor.

„Wenn Kasachstan seine Ölabkommen nicht jetzt überarbeitet“, warnt Kospanov, „droht dem Land bis 2040 ein Szenario, in dem die größten Vorkommen erschöpft sind, ohne dass neue Möglichkeiten zur Haushaltsfinanzierung entstanden sind.“


Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache bei unserem Kooperationspartner bne IntelliNews

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