Ungarn hat sein bislang ehrgeizigstes Wohneigentumsprogramm seit dem Übergang zur Demokratie aufgelegt. Die Regierung verspricht, Immobilienkäufe für Ersterwerber erschwinglicher zu machen und gleichzeitig der Bauwirtschaft kräftige Impulse zu geben, berichteten regierungsnahe Medien am 1. September nach dem Start des „Home Start“-Kreditprogramms mit einem festen Zinssatz von 3 %.
Im Rahmen dieses Programms können Käufer bis zu 50 Millionen HUF (130.000 Euro) für maximal 25 Jahre mit einer Anzahlung von 10 % (statt bisher 20 %) zu einem Zinssatz von der Hälfte des marktüblichen Zinssatzes aufnehmen.
Regierungsvertreter erklären, dass das Programm, das durch langfristige staatliche Zinszuschüsse unterstützt wird, Hunderttausenden von jungen Menschen und Familien den Einstieg in den Immobilienmarkt erleichtern könnte.
„Dies ist das stärkste Ersterwerberprogramm in Europa“, sagte Miklós Panyi, Staatssekretär und stellvertretender Minister, der für das Programm verantwortlich ist. Es mache Wohnungserwerb zugänglicher, bremse den galoppierenden Preisanstieg und fördere den Bau von Zehntausenden neuer Wohnungen.
Die Einführung des neuen Kreditprogramms weniger als sieben Monate vor den Wahlen wird weithin als Versuch gesehen, die Unterstützung für die regierende Fidesz-Partei unter den Wählern der städtischen Mittelschicht und den unter 35-Jährigen zu gewinnen.
Das Programm geht mit den weiteren populistischen Maßnahmen einher, die zeitlich vor den Wahlen eingesetzt wurden, darunter die Verdoppelung der Steuerfreibeträge für Familien mit mindestens zwei Kindern sowie die schrittweise Einführung einer lebenslangen Einkommensteuerbefreiung für Mütter mit mindestens zwei Kindern.
Die Regierung hat sich nicht zum direkten fiskalischen Effekt der Maßnahme geäußert. Analysten weisen darauf hin, dass das Programm kurzfristig höhere Steuereinnahmen aus Transaktionen und positive Multiplikatoreffekte bringt. Mittel- bis langfristig könnten die Kosten die Vorteile jedoch übersteigen, da die staatlichen Subventionen mehrere zehn Milliarden Forint erreichen könnten, was den ohnehin schon angespannten Haushalt Ungarns zusätzlich belasten würde. Einige Ökonomen stellen sogar die langfristige Tragfähigkeit des Programms infrage.
Ursprünglich war das Vorzugsdarlehensprogramm auf Erstkäufer von Wohnimmobilien ausgerichtet, doch später wurden die Zulassungskriterien erweitert. Nun werden auch Antragsteller umfasst, die in den letzten zehn Jahren bis zu 50 % einer Wohnimmobilie besessen haben, sofern der Wert ihres Anteils 15 Millionen HUF nicht übersteigt.
Für Haushalte oder Ehepaare reicht es aus, wenn nur ein Mitglied die Voraussetzungen erfüllt. Zudem es ist nicht erforderlich, in der Immobilie zu wohnen oder sie zu vermieten – was auch potenziellen Investoren den Zugang eröffnet.
Aus diesen Gründen argumentieren viele Analysten, dass „Home Start“ wohlhabenderen Käufern überproportional zugutekommt. Sie warnen zudem, dass die aufgestaute Nachfrage – sichtbar an den sprunghaft gestiegenen Anfragen – den weiteren Anstieg der bereits hohen Preisen weiter anspornen könnte. Die Immobilienpreise in Ungarn sind in den letzten zehn Jahren mit einer der schnellsten Raten in der EU gestiegen, wobei sich die Preise in den meisten Regionen verdreifacht haben. In einigen Regionen haben sich die Preise seit der Pandemie verdoppelt.
Mit dem Start des Programms haben die Banken ihre Konditionen bekannt gegeben, einige unterbieten dabei sogar die 3 %-Marke, um Marktanteile zu gewinnen.
Die MBH Bank, zweitgrößtes Kreditinstitut des Landes, bietet Kreditnehmern MOL-Tankgutscheine im Wert von 100.000 HUF an. Die CIB Bank hat einen Einführungssatz von 2,95 % für die ersten fünf Jahre aufgelegt, zusammen mit Rabatten und Gebührenerlassen. Die Granit Bank geht noch weiter und wirbt mit Zinssätzen von 2,85 % sowie einmaligen Rabatten in Höhe von 200.000 HUF.
Das Finanzportal Portfolio.hu schätzt, dass das monatliche Volumen neuer Immobilienkredite durch das subventionierte Programm von derzeit 140–150 Mrd. HUF auf 170–240 Mrd. HUF steigen könnte – und damit 2025 und 2026 Rekordhöhen erreichen.
Das Immobilienportal ingatlan.com berichtete, dass inzwischen 71 % der potenziellen Käufer planen, einen Kredit aufzunehmen – gegenüber 51 % im März. Fast 60 % rechnen damit, innerhalb von sechs Monaten einen Kauf abzuschließen.
Die Nachfrage schlägt sich bereits am Markt nieder: Die Immobiliensuche erreichte im August ein Vierjahreshoch. Bauunternehmen haben für den Herbst in Budapest mehr als 10.000 Projekte angekündigt, viele davon speziell für „Home Start“-Käufer. Die im Rahmen des Programms förderfähigen Immobilien sind auf 100 Mio. HUF für Wohnungen und 150 Mio. HUF für Häuser begrenzt, und der maximale Preis pro Quadratmeter ist auf 1,5 Mio. HUF festgelegt.
Duna House, einer der größten Makler Ungarns, prognostiziert, dass sich die Zahl der Neubauprojekte bis 2026 nahezu verdoppeln könnte – auf 20.000 bis 25.000 jährlich –, wobei bis 2027–2028 ein noch größerer Anstieg der Fertigstellungen erwartet wird.
Der Bauverband ÉVOSZ erwartet für 2025 Aufträge für 10.000 zusätzliche Neubauten, bis 2027 sollen es 35.000 sein – das Niveau, das als notwendig gilt, um den alternden Wohnungsbestand Ungarns zu erneuern.
Die Nationalbank gab am 1. September bekannt, dass zwar die Eigenkapitalanforderung für Kreditnehmer über 40 Jahre auf 10 % gesenkt wird, gleichzeitig aber strengere Debt-to-Income-Grenzen gelten. Für Haushalte mit einem monatlichen Einkommen von weniger als 800.000 HUF dürfen nicht mehr als 50 % ihres Einkommens für Rückzahlungen verwendet werden.
Ökonomen erwarten, dass das Programm nicht nur das Kreditvolumen, sondern auch die Produktion im Bausektor ankurbeln wird, mit einem Potenzial von 800 Mrd. HUF an neuen Aufträgen.
Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache bei unserem Kooperationspartner bne intelliNews

