Tiflis/Eriwan/Baku – Die Volkswirtschaften des Südkaukasus steuern laut dem aktuellen ECA Economic Update der Weltbank vom Herbst 2025 auf sehr unterschiedliche Wachstumspfade zu. Während Georgien seine Dynamik hält, verlangsamt sich Armeniens Aufschwung nach dem pandemiebedingten Boom. Aserbaidschan dagegen verliert an Tempo – gebremst durch sinkende Ölförderung und eine schwache digitale Basis.

Für Aserbaidschan erwartet die Weltbank 2025 ein Wachstum von 1,9 Prozent, 2026 sollen es 1,8 Prozent sein – nach 4,1 Prozent im Jahr 2024. Der Rückgang ist vor allem auf die sinkende Ölproduktion und ein nur moderates Wachstum außerhalb des Energiesektors zurückzuführen.

Trotz stabiler Inflation bleibt die strukturelle Modernisierung aus. Besonders die digitale Infrastruktur hinkt hinterher: Mit nur rund 550 KI-Servern pro Million Einwohner liegt Aserbaidschan europaweit fast am Ende des Feldes – Bulgarien kommt im Vergleich auf über 54.000. Die Weltbank sieht darin ein zentrales Hindernis für Beschäftigung und Diversifizierung der Wirtschaft.

Armenien: Sanfte Landung nach Boomjahren

Armeniens Wirtschaft wächst laut Bericht 2025 um 5,2 Prozent und 2026 um 4,9 Prozent – nach den außergewöhnlich hohen Werten von 12,6 Prozent im Jahr 2022 und 8,3 Prozent 2023. Die Weltbank spricht von einer „sanften Landung“: Die Wirtschaft kehrt nach Jahren der Überhitzung auf ein nachhaltigeres Niveau zurück.

Zwischen Januar und Juli 2025 stiegen die Rücküberweisungen aus dem Ausland um 9,2 Prozent. Geringere Transfers aus Russland wurden durch kräftige Zuflüsse aus der EU und den USA mehr als ausgeglichen. Inflation und Arbeitsmarkt bleiben stabil; Beschäftigung und Löhne wachsen vor allem in industriellen und hochqualifizierten Sektoren.

Doch Armeniens digitale Ausstattung bleibt ausbaufähig: Mit weniger als 3.000 KI-Servern pro Million Einwohner liegt das Land weit hinter regionalen Konkurrenten.

Georgien: Starkes Wachstum, wachsende Risiken

Georgien bleibt der Wachstumsmotor des Südkaukasus. Nach geschätzten 9,4 Prozent im Jahr 2024 rechnet die Weltbank 2025 mit einem Plus von 7,0 Prozent, 2026 mit 5,5 Prozent. Rücküberweisungen legten in den ersten sieben Monaten 2025 um fünf Prozent zu – trotz eines Einbruchs der Transfers aus Russland um 30 Prozent.

Der Bericht lobt Georgiens fortgeschrittene Digitalisierung, warnt aber vor „zunehmenden politischen Ineffizienzen“. Besonders sensibel reagiert der Arbeitsmarkt auf steuerliche Verzerrungen: Ein Anstieg um einen Prozentpunkt könnte die Beschäftigung um 1,37 Prozent verringern – der höchste Wert unter allen Ländern der Region.

Regionale Perspektive

Insgesamt rechnet die Weltbank für den Südkaukasus in den Jahren 2025 und 2026 mit einem durchschnittlichen Wachstum von etwas über drei Prozent. Armenien und Georgien dürften dank starker Binnennachfrage und Geldüberweisungen aus dem Ausland robust bleiben. Für Aserbaidschan hängt die Entwicklung davon ab, ob das Land den Rückgang seiner Ölproduktion mit Reformen und Investitionen im Nicht-Öl-Sektor kompensieren kann.

Die Inflation bleibt in allen drei Ländern unter Kontrolle. Doch fehlende digitale Infrastruktur und strukturelle Schwächen bremsen weiterhin Produktivität und Beschäftigung. Die Weltbank fordert deshalb tiefgreifende Strukturreformen und Investitionen in Technologie, um private Investitionen anzuziehen und „bessere, zukunftsfähige Arbeitsplätze“ zu schaffen.


Dieser Artikel entstand in Kooperation mit unserem Partner bne intelliNews

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